Neulich hat ein Mann in meiner Männerrunde einen Satz gesagt, den ich auch schon mehrfach aus meiner Vergangenheit kenne. Nicht nur, dass ich den Satz kenne, sondern auch die Verzweiflung und Hilflosigkeit, die ich zumindest damals für mich in der Situation gespürt habe. Der Satz ist „Es geht um meine Beziehung – ich weiß einfach nicht, was ich will.“
Vielleicht kennst Du diesen Satz „ich weiß nicht, was ich will“ und die damit verbundenen Gefühle auch? Wenn es nicht in der Beziehung ist, kann es vielleicht um einen Jobwechsel gehen, einen Umzug, einen Urlaub oder die Entscheidung um ein Hobby.
Der eigene innere Kampf ist ja schon schlimm und anstrengend genug, doch oftmals kommen in den Situationen auch noch äußere Stimmen, Ratschläge und Druck dazu: „was ist denn so schwer an der Entscheidung“, „an Deiner Stelle wüsste ich genau, was ich tunwollen würde“, „ich bin von der Entscheidung genau so betroffen wie Du“ und viele mehr.
Doch was macht es mit Dir, wenn ich Dir widerspreche und annehme, dass Du schon ziemlich gut weißt, was Du willst?
Kann es sein, dass weder „ja“ noch „nein“ die richtige Antwort für Dich ist, sondern irgendwas dazwischen? Dass Du nicht mit vollem Herzen und aus vollem Hals „JA“ sagen kannst und sich ein „NEIN“ auch komplett falsch anfühlt?
Das ist der Punkt, an dem es für mich mittlerweile spannend wird und die Welt anfängt, bunt zu werden. Wenn ich es schaffe, genauer hinzuschauen und die einzelnen Fäden des Knäuels zu fassen bekomme und mehr und mehr aufzudröseln, bekomme ich ganz viele Hinweise darauf, welche inneren Anteile in mir gerade ihren Senf dazu geben und was ihnen jeweils wichtig ist.
Und das auch nicht alles auf einen Schlag, sondern Schritt für Schritt.
So könnte die erste Antwort auf die Beziehungsfrage sein „ich wünsche mir schon, dass es weitergeht, aber nicht so“. Wie fühlt sich das jetzt an, vor allem im Gegenzug zu „ich weiß nicht, was ich will“.
Jetzt haben wir die Möglichkeit, die beiden Satzteile einzeln zu betrachten und in die Tiefe zu gehen:
– Was soll weitergehen?
– Was verbirgt sich hinter „aber nicht so“? Und was wünsche ich mir stattdessen?
Schritt für Schritt geht es tiefer, immer näher zu mir und meinen verschiedenen Anteilen, bis ich einen Überblick über mein inneres Bild zur Fragestellung habe.
In unserem Beispiel (und noch vereinfacht) könnte das innere Bild sein: „Ich genieße die Zeit mit Dir sehr und möchte weiterhin mit Dir zusammen sein. Allerdings habe ich in letzter Zeit gemerkt, dass wir sehr viel Zeit miteinander verbracht haben und ich immer weniger Fahrrad gefahren und meine Freunde gesehen habe. Ich wünsche mir mehr Zeit, auch wieder Dinge für mich alleine zu tun. Dann kann ich mich auch wieder mehr über die gemeinsame Zeit freuen“.
Zugegeben, damit ist bezogen auf die Eingangsfrage „wie soll es in der Beziehung weitergehen“ keine Entscheidung im Sinne von JA oder NEIN getroffen.
Doch was ist es, was in der Situation wirklich wichtig ist? Die Entscheidung an sich? Oder der Schritt zuerst mit sich selbst und seinen Anteilen in Kontakt zu kommen und damit dem Gegenüber zu begegnen? Wer weiß, vielleicht (oder wahrscheinlich 😉 ) gibt es auf der anderen Seite auch viele innere Anteile. Wie das Gespräch ausgehen wird, kann ich Dir nicht versprechen. Doch aus meiner Erfahrung nach ist plötzlich wieder viel mehr Verständnis, Nähe und Bewegung da, zuerst mal bei Dir und dann in der Situation, also hier in der Beziehung.
Was sich jetzt vielleicht so einfach liest, ist es nicht. Frag mal eine meiner ehemaligen Partnerinnen 😉
Die eigenen Seiten in der Diskussion zu erkennen, ist echt eine Kunst für sich. Für mich brauche ich zum Entdecken der Anteile auf jeden Fall meine Ruhe und im Idealfall auch einen Gesprächspartner.
Wenn Du Lust hast, stelle ich mich gerne als Dein Gesprächspartner, Fragensteller, Spiegel und Sortierhilfe zur Verfügung. Ich bin schon neugierig auf Dein inneres Bild und die Bewegung, die dann entstehen wird.